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Namensreaktionen

Verwandte Reaktionen: Claisen-Umlagerung, [1,2]-Wittig-Umlagerung

Organic Chemistry Portal: [2,3]-Wittig Rearrangement

[2,3]-Wittig-Umlagerung

Die [2,3]-Wittig-Umlagerung ermöglicht die Synthese von homoallylischen Alkoholen mittels einer Basen-induzierten Umlagerung von Allylethern bei tiefen Temperaturen.


Mechanismus

Die [2,3]-Wittig-Umlagerung ist eine [2,3]-sigmatrope Reaktion - eine thermische Isomerisierung - welche über einen fünfgliedrigen Übergangszustand mit sechs wandernden Elektronen führt. Ein allgemeines Schema wird hier aufgeführt:

Einige [2,3]-sigmatrope Reaktionen sind synthetisch nützlich, da sowohl das Atompaar (X,Y) als auch der elektronische Zustand (Y: Anionen, nicht-bindende Elektronen, Ylide) variiert werden können.

Die Umlagerung von deprotonierten Allylethern zu homoallylischen Alkoholen ist die [2,3]-sigmatrope Version der [1,2]-Wittig-Umlagerung - [2,3]-Wittig-Umlagerung genannt:

Die [2,3]-Umlagerung beinhaltet eine regioselektive Bildung einer Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung mit allylischer Verschiebung des Sauerstoff-Atoms, Generierung einer spezifischen Olefin-Geometrie und Transfer allfällig vorhandener Chiralitätszentren (siehe unten). Eine Diskussion des Mechanismus, Bandbreite möglicher Umsetzungen und die Stereokontrolle wird in einem Review von Nakai und Mikami diskutiert (Chem. Rev., 1986, 86, 885-902).

Der konzertierte [2,3]-Shift steht oftmals in Konkurrenz zum [1,2]-Shift:

Das Produkt-Verhältnis hängt von Temperatur und strukturellen Gegebenheiten ab (siehe auch [1,2]-Wittig-Umlagerung). Die [2,3]-Wittig-Umlagerung sollte bei tiefen Temperaturen durchgeführt werden, um eine Verunreinigung mit dem [1,2]-Produkt zu vermeiden.

Die Reaktionsrate hängt vom Energieunterschied zwischen HOMO (Anion) und LUMO (Allyl) ab. Grob gesprochen: je unstabiler das Carbanion, desto schneller die Umlagerung.

Für die [2,3]-Thio-Wittig-Umlagerung hat Nakai folgende relative Reaktionsraten festgestellt: R = Ph > CO2Li > CN > CO2Et > COMe, und für R' = Ph > H > CH3. Reaktionen in dieser Serie wurden bei -80°C bis hin zu +60°C durchgeführt.

Die Möglichkeiten für [2,3]-Wittig-Umlagerungen sind durch Auswahl an Methoden beschränkt, um ein Carbanion bei niedrigen Temperaturen zu generieren, um die [1,2]-Umlagerung zu minimieren. Zum Beispiel ermöglicht Zinn-Lithium Austausch die selektive Herstellung von extrem unstabilen Carbanionen. Diese Reaktion ist auch als [2,3]-Wittig-Still-Umlagerung bekannt:

[2,3]-Wittig-Umlagerungen von Propargylethern können Allenylische Alkohole ergeben, aber die Möglichkeiten scheinen beschränkt:

Endständige Alkine z.B. vollführen nach der Deprotonierung mit zwei Equivalenten Base eine [1,2]-Umlagerung.

Einige diastereoselektive Umsetzungen wurden bislang beschrieben. Modelle basierend auf der Konformation ähnlich eines "Briefumschlages" erlauben Erklärungen zu beobachteten Phänomenen wie Chiralitätstransfer oder die Generierung von neuen Stereozentren:

Eine Bevorzugung von E-Produkten wurde durch eine Vielzahl von Experimenten bestätigt.

Bei einigen Umsetzungen wird ein im Edukt chirales Kohlenstoff-Atom zu einem flachen sp2-Zentrum, aber simultan entstehen neue Chiralitätszentren:

Somit ist eine saubere Strategie basierend auf einer [2,3]-Wittig-Umlagerung ein grossartiges Werkzeug für die asymmetrische Synthese, was durch einige Beispiele untermauert wird (Nakai, Mikami, Chem. Rev., 1986, 86, 885-902).