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26.10.09 Mikroemulsion erlaubt schonende Restaurierung von Gemälden

Antikes in neuem Glanz

Gemälde und vergoldeten Oberfläche effektiv und schonend restaurieren mit wasserbasierten Mikroemulsionen

Abb. 1: So gut wie neu: Öl-in-Wasser-Nanobehälter in einem wässrigen Polymernetzwerk ermöglichten ein effektives, weitgehend zerstörungsfreies und selektives Reinigen von bemalten und vergoldeten Oberflächen.
Quelle: Angew. Chem.

Bei Restaurierungen wurden früher häufig Acrylharze auf alte Gemälde und andere antike Kunstwerke aufgetragen, um sie zu konsolidieren und zu schützen. Eine der wichtigsten Aufgaben heutiger Restaurierungen ist es nun, diese Schichten wieder zu entfernen, denn die Acrylharze verändern nicht nur die Optik des behandelten Kunstwerkes drastisch, sondern sie können dessen Zersetzung in vielen Fällen sogar beschleunigen, wie sich herausstellte. Italienische Forscher um Piero Baglioni von der Universität Florenz haben nun eine neue Methode entwickelt, mit der sich solche gealterten polymeren Schichten von empfindlichen historischen Kunstwerken effektiv entfernen lassen. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, enthält das neue Reinigungssystem nur einen geringen Anteil an flüchtigen organischen Verbindungen. „Erstmalig zeigen wir die erfolgreiche Anwendung eines wasserbasierten Systems zur Entfernung einer organischen Schicht von Kunstwerken,“ sagt Baglioni. „Dabei ist unsere Methode einfacher und weniger invasiv als traditionelle Verfahren.“

Die Wissenschaftler verwenden eine Öl-in-Wasser-Mikroemulsion, mit dem organischen Lösungsmittel para-Xylol als Ölkomponente. Unter einer Emulsion versteht man feinst verteilte Tröpfchen einer Flüssigkeit in einer anderen, mit der diese nicht mischbar ist. Ein Beispiel aus dem täglichen Leben ist Milch. Eine Mikroemulsion ist eine Emulsion, die sich spontan bildet und stabil ist. Sie enthält Stoffe, die als Emulgatoren wirken. Da die einzelnen Tröpfchen nur nanometergroß sind, sind Mikroemulsionen nicht milchig-trüb, sondern klar und transparent.

Die italienischen Forscher betten die Mikroemulsion in eine Matrix aus einer modifizierten Celluloseart ein – ein Material, das sonst als Verdicker in Dispersionsfarben dient. Diese Matrix macht das Reinigungsmittel zähflüssig, so dass es nicht so tief in die Poren eines Gemäldes eindringen kann. Die Wirksamkeit bleibt auf die oberste Schicht beschränkt, während tieferliegende Farbschichten nicht in Kontakt mit dem Xylol kommen. Auch die Umwelt wird geschont: zum Einen durch die nur sehr geringe Konzentration des flüchtigen Lösungsmittels, das, zum Anderen, von der Matrix am Verdampfen gehindert wird. Dank der optischen Tranparenz des Systems kann der Restaurator den Reinigungsprozess fortlaufend überwachen.

„Eine Wandmalerei aus dem 15. Jahrhundert konnten wir erfolgreich reinigen,“ berichtet Baglioni. Diese Malerei befindet sich in der Sakristei der Santa Maria della Scala in Siena. „Sie war mit einer 35 Jahre alten Acrylatschicht aus einer früheren Restaurierung bedeckt. Mithilfe unseres neuen Systems konnten wir den unerwünschten Glanzeffekt komplett entfernen. Auch ein anderes Kunstwerk konnte erfolgreich gereinigt werden: ein vergoldeter Rahmen eines Gemäldes aus dem 18. Jahrhundert.“

Quelle:

Nanoscience for Art Conservation: Oil-in-Water Microemulsions Embedded in a Polymeric Network for the Cleaning of Works of Art
E. Carretti, et. al., Angew. Chem. 2009, DOI: 10.1002/ange.200904244

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Dünne Röhrchen aus Silizium sind verformbar und nicht spröde
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009/okt/restaurierung.shtm)

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