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22.07.09 Endothelzellen besiedeln künstliche Blutgefässe mit aufgedruckten Glykoproteinen

Zellen lesen wie gedruckt

Chinesisch-deutsches Materialforscherteam "druckt" mit einem Ink-Jet-Printer Glykoproteine auf Teflonschläuche als Grundlage für neue Blutgefäße

Wenn das Bein kalt ist oder schmerzt, es im Ohr rauscht oder in der Brust sticht - all das können Zeichen für eine mangelnde Durchblutung sein. Ursache dieser Durchblutungsstörungen sind häufig geschädigte Blutgefäße (Arterien, Venen), z. B. durch Rauchen, Verkalkung oder sonstige Ablagerungen in den Gefäßen. Um Linderung zu verschaffen, hilft manchmal nur die Operation, bei der dem Patienten ein künstliches Blutgefäß aus den Kunststoffen Polyester oder Teflon eingesetzt wird.

Abb. 1: In Zukunft könnten künstliche Blutgefäße wie dieses durch Ink-Jet-Printing von Glykoproteinen Endothelzellen Ansiedlungsmöglichkeiten bieten
Quelle: IMT/FSU

Bei der Implantation der künstlichen Blutgefäße kann es aber zu Problemen kommen. So können sich Blutgerinnsel (Thromben) auf der Gefäßwand bilden, die gefährlich werden können, wenn diese anfangen, im Körper zu wandern. Die Ursache für diese Blutgerinnselbildung sind Unterschiede in Struktur und Eigenschaften zwischen dem künstlichen Material des Blutgefäßersatzes und den Blutbestandteilen. Bluteiweiße scheiden sich an dieser Grenzfläche (Biointerface) auf dem künstlichen Material ab und tragen zur Blutgerinnselbildung bei. Darum sind natürliche Blutgefäße innen mit einer Zellschicht, dem sogenannten Endothel ausgekleidet, das sich perfekt mit dem Blut verträgt. Die Endothelzellen ordnen sich in der Richtung des strömenden Blutes an und tragen dadurch wesentlich zu den hervorragenden Fließeigenschaften des Blutes in natürlichen Blutgefäßen bei.

Einem chinesisch-deutschen Team von Materialwissenschaftlern um Prof. Kaiyong Cai von der Chongqing University und Prof. Klaus D. Jandt vom Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie (IMT) der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist es nun gelungen, gerichtetes Endothel auf einer Materialoberfläche zu erzeugen. Darüber berichtet die internationale Zeitschrift "Colloids and Surfaces B: Biointerfaces" jetzt online und im September in der gedruckten Ausgabe.

Die Methode zur Erzeugung des Endothels ist verblüffend einfach und wurde erstmals eingesetzt. Mit einem Tintenstrahldrucker (Ink-Jet-Printer), wie er in vielen Büros und Haushalten steht, druckte das Team das Biopolymer Laminin auf eine Materialoberfläche. Laminin ist ein sogenanntes Glykoprotein und wichtiger natürlicher Bestandteil der extrazellulären Matrix (ECM), einer Art Zellleim, der das menschliche Gewebe zusammenhält. Der Trick dabei: über eine gewisse Strecke auf der Materialoberfläche wird die Lamininschicht immer dünner und schwächer gedruckt, ähnlich einem Übergang von Schwarz nach Weiß beim Druck mit herkömmlicher schwarzer Tinte auf weißem Papier. In diesem Bereich der Materialoberfläche mit dem Gradienten, richten sich die Endothelzellen gleichmäßig in eine Richtung aus - ganz so wie in natürlichen Blutgefäßen. Die Endothelzellen lesen gleichsam die gedruckte Struktur und richten sich danach. In den Bereichen mit mehr Laminin wuchsen auch mehr Endothelzellen. "Diese faszinierenden Ergebnisse machen es uns nicht nur einfacher zu verstehen, auf welche Reize und Stoffe Zellen positiv reagieren, sondern legen vielleicht auch die Grundlage für eine neue Generation von Blutgefäßersatz, der verträglicher und langlebiger ist", erklärt der Jenaer Materialwissenschaftler Prof. Dr. Klaus D. Jandt die Bedeutung dieser Arbeit..

Quelle:

Inkjet printing of laminin gradient to investigate endothelial cellular alignment
K. Cai, et. al., Colloids and Surfaces B: Biointerfaces 2009, DOI: 10.1016/j.colsurfb.2009.04.008

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Endothelzellen besiedeln künstliche Blutgefässe mit aufgedruckten Glykoproteinen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009jul/blutgefaesse.shtm)

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