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30.06.09 Synthetische DNS-Partikel lagern sich zu porösen Materialien zusammen

Erbgut als Kleber

Synthetische DNS-Partikel ergeben regelmäßig strukturierte Materialien mit kleinsten Poren

Winzige DNS-Partikel ordnen sich selbständig im richtigen Abstand zu porösen Materialien an. Wissenschaftler um die Professoren Clemens Richert und Stefan Bräse am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun einen solchen Stoff als "Biokleber" entwickelt.

Abb. 1: Am Computer berechnete Struktur einer "Elementarzelle" mit Zentralmolekül und DNA-Doppelsträngen. Daraus setzt sich der poröse Feststoff zusammen.
Quelle: CFN, KIT

Um dreidimensionale Gitter mit Poren im Nanometer-Bereich (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter) aufzubauen, knüpfen sie extrem kurze Stücke von einsträngiger Desoxyribonukleinsäure (DNS), die von der Natur ursprünglich als Träger der genetischen Information entwickelt wurde, an ein sternförmiges Molekül. Wie im Erbgut der Lebewesen lagern sich jeweils zwei DNA-Einzelstränge, die aufgrund der Abfolge ihrer Bausteine zueinander komplementär sind, zu einem Doppelstrang zusammen. An jedem Zentralmolekül sind vier dieser "klebrigen" DNA-Enden wie die Ecken eines Tetraeders angeordnet. Sie können sich daher mit jeweils vier anderen Molekülen verbinden. Durch Selbstorganisation entsteht so eine komplexe räumliche Gitterstruktur mit neuen Eigenschaften.

Poröse Materialien spielen als Katalysatoren, Speichermedien und strukturgebende Komponenten, beispielsweise in der Technik oder der Medizin, eine wichtige Rolle. "Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass mit Hilfe kurzer DNS-Schnipsel quasi-unendliche Strukturen für solche Anwendungen aufgebaut werden können", beschreibt Richert die Arbeit, die am Centrum für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) des KIT in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen Bräse (Chemie), Wenzel (Physik) und Puchta (Biologie) entstand. Dafür reichten bereits DNS-Abschnitte von nur zwei Nukleotiden, also den Buchstaben, aus denen DNS besteht, damit sich die Gerüste in wässriger Lösung bildeten. Dieses Material lagert sich dann selbständig zu Nanopartikeln zusammen, wenn es abgekühlt wird. Die extrem kurzen DNS-Doppelstränge haben den Vorteil, dass eine relativ geringe Aktivierungsenergie benötigt wird, um fehlerhafte Strukturen wieder aufzubrechen. "Dies ermöglicht einen dynamischen Auf- und Abbauprozess", so Richert, der auch nach seinem kürzlichen Wechsel an die Universität Stuttgart das Projekt in Zusammenarbeit mit seinen Karlsruher Kollegen weiterführen wird. "Ein großer Vorteil dabei ist, dass wir mit rein synthetischem Material große Gitter erhalten können.".

Quelle:

Two Base Pair Duplexes Suffice to Build a Novel Material
M. Meng, et. al., ChemBioChem 2009, DOI: 10.1002/cbic.200900162

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Synthetische DNS-Partikel lagern sich zu porösen Materialien zusammen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009jun/dna-materialien.shtm)

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