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30.04.10 Peptid des Malariaerregers verhindert raschen Zelltod von infizierten Leberzellen

Malariaparasiten verhindern Selbstmord von Leberzellen

Malariaparasiten überschwemmen befallene Leberzellen mit einem Peptid, das den Selbstmord der Zellen verhindert.

Entdeckt haben diesen Wirkstoff Forscher des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg. „Wenn wir den Hemmstoff blockieren könnten, würden unsere Leberzellen die Parasiten mit in den Tod reißen. Wir würden das gar nicht bemerken, denn nur wenige unserer zahlreichen Leberzellen sind betroffen“, erklärt Professor Dr. Volker Heussler, Leiter der Forschergruppe am BNI.

Abb. 1: Malariaparasit überschwemmt befallene Leberzelle mit einem Hemmstoff. rot: Hemmstoff des Malariaparesiten, gelb: Parasitenhülle, blau: Zellkerne (Parasit, Leberzellen)
Quelle: Bernhard-Nocht-Institut

Menschliche Zellen verfügen über einen fein ausgearbeiteten Mechanismus, um sich bei Befall mit Infektionserregern selbst zu zerstören. „Der massive Befall einer Leberzelle mit Malariaparasiten würde diesen Prozess sicherlich auslösen, doch der Hemmstoff der Parasiten neutralisiert Schlüsselenzyme, die den Selbstmord der Leberzellen einleiten und eine Entzündungsreaktion hervorrufen würden“, sagt Heussler.

Es sei erstaunlich, dass die Malariaparasiten mit diesem Hemstoff gleich drei wesentliche Schritte in ihrem komplizierten Lebenszyklus regulieren, fügt Dr. Annika Rennenberg, Boehringer-Stipendiatin der Gruppe um Heussler, hinzu. So spielt das Peptid, das Cystein-Proteasen inhibiert, eine wichtige Rolle sowohl beim Eindringen der Parasiten in Leberzellen als auch während ihrer enormen Vermehrung in den Zellen und schließlich bei ihrer Freisetzung ins Blut.

Abb. 1: Graphische Darstellung der Überlebensstrategie des Malariaparasit: er überschwemmt die Leberzelle mit einem Hemmstoff und verhindert so den raschen Selbstmord der Zellen.
Quelle: A. Renneberg, Bernhard-Nocht-Institut

Parasiten steuern anschließend das Sterben der Leberzelle

Die Gruppe um Heussler hatte bereits 2006 einen Meilenstein in der Malariaforschung gesetzt, indem sie in mikroskopischen Filmen zeigte, wie die Parasiten dem menschlichen Abwehrsystem entkommen: Sie verbergen sich beim Übergang von der Leberzelle in den Blutkreislauf in der äußeren Hülle der Wirtszelle wie in einem „trojanischen Pferd“. Die mit Parasiten gefüllten Bläschen fanden mittlerweile als „Merosomen“ Einzug in die Lehrbücher.

Die Ergebnisse von Rennenberg vervollständigen nun die Erkenntnisse der vergangenen vier Jahre. Sie zeigen, dass der Hemmstoff des Malariaparasiten auch bei der Bildung der Merosomen eine wichtige Rolle spielt. Denn der Parasit muss die Zelle komplett umbauen, dabei aber die äußere Hülle (Membran) der Leberzelle erhalten. „Wichtig ist, dass der Hemmstoff den klassischen, raschen Zelltod verhindert. Nur ein langsamer, von den Parasiten gesteuerter Tod der Wirtszelle erlaubt die Bildung von Merosomen“, erklärt Rennenberg. Die Wissenschaftlerin vermutet, dass der Parasit für diesen Vorgang neben dem Hemmstoff selbst ein tödliches Enzym in die Leberzelle schleust.

„Mit diesen Ergebnissen sind wir dem großen Ziel näher gekommen, unsere Arbeit für die Bekämpfung der Malaria praktisch nutzbar zu machen“, so Heussler. Doch nur durch den Austausch mit anderen Malariagruppen könne man das große Ziel tatsächlich erreichen. Interdisziplinarität und Internationalität werden deshalb am BNI gefördert.

Quelle:

Exoerythrocytic Plasmodium Parasites Secrete a Cysteine Protease Inhibitor Involved in Sporozoite Invasion and Capable of Blocking Cell Death of Host Hepatocytes
A. Renneberg, et. al., PLoS Pathog 2010, DOI: 10.1371/journal.ppat.1000825

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Peptid des Malariaerregers verhindert raschen Zelltod von infizierten Leberzellen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2010/apr/malaria.shtm)

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