19.01.10 Strukturaufklärung von VEGF und Rezeptor
Den Lebensnerv des Tumors treffen
Schweizerisch-Finnisches Forschungsteam klärt dreidimensionale Struktur eines wichtigen Zieles für Krebsmedikamente auf
Abb. 1: Struktur der Bindungsstelle zwischen VEGF-Molekül und Rezeptor.
Quelle: PSI
Um wachsen zu können, muss ein Krebstumor von Blut- und Lymphgefässen durchzogen sein, die ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen und durch die der in der Zelle entstehende Abfall entsorgt werden kann. Um sich diese Versorgung zu sichern, senden Tumore Botenstoffe aus, die umliegende Gefässe veranlassen, sich zu verzweigen und in den Tumor hineinzuwachsen. Einen wichtigen Schritt zum besseren Verständnis der molekularen Vorgänge bei der Gefässbildung in Tumoren haben nun Forschende des Paul Scherrer Instituts und des Biomedicum in Helsinki, Finnland gemacht. Sie haben die Struktur der Bindungsstelle aufgeklärt, an der sich ein Botenstoffmolekül mit dem entsprechenden Rezeptor auf der Zelloberfläche verbindet. Durch diese Verbindung wird das Wachstum der Lymphgefässe angeregt.
Vor ca. 20 Jahren hat der amerikanische Mediziner Judah Folkman eine
neuartige Tumortherapie vorgeschlagen, bei der durch gezielte Blockierung des
Wachstums der Tumorblutgefässe - der Angiogenese - der Tumor ausgehungert und so
indirekt an seiner Ausbreitung gehindert würde. Ein auf diesem Konzept
bestehender Therapieansatz wurde in der Zwischenzeit entwickelt und wird bereits
klinisch angewendet. Um dieses Verfahren optimieren zu können, ist es wichtig,
die genauen molekularen Vorgänge zu verstehen, die hinter der Bildung der
Gefässe stehen. Dazu haben Forscher aus der Schweiz und aus Finnland nun einen
entscheidenden Beitrag geleistet.
Moleküle, die für das Wachstum von Gefässen verantwortlich sind, werden von
Fachleuten mit der Abkürzung VEGF (vascular endothelial growth factor)
bezeichnet. Das untersuchte Molekül, das das Wachstum von Lymphgefässen anregt,
heisst VEGF-C. VEGF-C ist ein Protein, das als hochkomplexes Biomolekül aus
tausenden von Atomen besteht. Es wird aktiv, in dem es sich mit dem Ende eines
Rezeptors verbindet, das in der Membran einer lebenden Zelle eingebaut ist. Die
Bindung von VEGF an den Rezeptor bewirkt eine Veränderung der Struktur dieses
Membranproteins, wodurch auf der Innenseite der Zellmembran chemische Reaktionen
ausgelöst werden. Im hier untersuchten Fall wird die Zelle angeregt, sich zu
teilen und so am Wachstum neuer Blut- und Lymphgefässe teilzuhaben.
Damit die Kombination von Signalmolekül und Rezeptor richtig funktioniert,
müssen wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen - das heisst, tausende von
Atomen müssen korrekt im dreidimensionalen Raum angeordnet sein. Um diese
Struktur im Detail zu bestimmen, haben die Forschenden die Moleküle an der
Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) des Paul Scherrer Instituts untersucht.
Dieser Teilchenbeschleuniger mit 288 Metern Umfang erzeugt besonders intensives
Röntgenlicht, mit dem unter anderem die Struktur komplexer Proteine aufgeklärt
werden kann.
Die genaue Kenntnis der dreidimensionalen Struktur kann in der Zukunft für die weitere Entwicklung neuer Wirkstoffe verwendet werden, die diese Rezeptoren gezielt blockieren. So können Medikamente das Wachstum der Gefässe verhindern und den Tumor aushungern.
Quelle:
Structural determinants of growth factor binding and specificity by VEGF receptor 2
V.-M. Leppänen, et. al., PNAS 2010, DOI:
10.1073/pnas.0914318107
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Strukturaufklärung von VEGF und Rezeptor
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2010/jan/tumorwachstum.shtm)
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