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09.07.10 Ribose kristallisiert in Pyranose-Anomeren aus

Geheimnis geknackt

Die Kristallstruktur von Ribose - endlich!

Abb. 1: Projektionsansicht entlang der a-Achse der d-Ribose-Kristallstruktur (Form I) von der Analyse eines durch Zonenschmelze erhaltenen Kristalls; hellgrau C, dunkelgrau O, weiß H. Man beachte den Unterschied in der Orientierung der Hydroxygruppen in den beiden Molekülen: äquatorial an C1, äquatorial und axial an C11 (fehlgeordnete Besetzung). Intermolekulare Wasserstoffbrücken sind durch gestrichelte Linien dargestellt. Die aus der Pulveranalyse erhaltene Struktur ist nahezu überlagerbar, jedoch sind die relativen Besetzungsanteile der Hydroxygruppen an C11 verschieden.
Quelle: Angewandte Chemie - mit freundlicher Genehmigung

D-Ribose ist nur ein kleines Molekül – aber ein extrem wichtiges für uns Lebewesen, da sie das Rückgrat der RNA bildet. Erstaunlich, dass sich die Kristallstruktur der Ribose bisher nicht unter den inzwischen mehr als eine halbe Million zählenden entschlüsselten Strukturen finden ließ. Nun legt ein deutsch-schweizer Team weitere, lang ersehnte bahnbrechende Ergebnisse dar: Ihnen ist endlich die Aufklärung der Kristallstruktur der Ribose geglückt.

Abb. 2: Die in unzähligen Biomolekülen erscheinende β-Furanose-Form von D-Ribose kommt nicht in der kristallinen Verbindung vor. Röntgenbeugungs- und NMR-spektroskopische Experimente kamen nun zu dem Ergebnis, dass D-Ribose in zwei Kristallformen vorliegt, in denen β- und α-Pyranose-Moleküle in unterschiedlichen Verhältnissen enthalten sind.
Quelle: Angewandte Chemie

Die Ribose gehört zur chemischen Klasse der Zucker. Ihr Rückgrat ist eine Kette aus fünf Kohlenstoffatomen: eines kommt in der Aldehydfunktion vor und vier tragen eine Hydroxyl-Gruppe. In den meisten modernen Lehr- und Handbüchern wird die Ribose als β-Furanose dargestellt: Vier der Kohlenstoffatome sowie das Sauerstoffatom bilden einen Fünfring. Seit mehr als 40 Jahren ist allerdings bekannt, dass die Ribose in Lösung als Mischung vier verschiedener Strukturen vorliegt: aus α- und β-Furanose sowie α- und der dominierenden β-Pyranose. Als Pyranose bezeichnet man eine Form, bei der der Zucker einen Sechsring aus den fünf Kohlenstoffatomen sowie einem Sauerstoffatom bildet. Der Zusatz α und β gibt dabei an, ob sich eine bestimmte OH-Gruppe oberhalb oder unterhalb der Ringebene befindet.

Aber wie liegt die Ribose im Kristall vor? Während die Strukturen anderer wichtiger Zucker bereits länger bekannt sind, wollte die Ribose ihr Geheimnis nicht preisgeben, denn die Verbindung ist extrem schwer kristallisierbar. Trotz solch widriger Umstände und unzähliger Fehlversuche gelang es dem Team um Lynne B. McCusker, Beat H. Meier, Roland Boese und Jack D. Dunitz an der ETH Zürich und der Universität Duisburg-Essen letztendlich, die Struktur zu knacken. Mit ausgeklügelten Computerberechnungen konnten sie zunächst aus Röntgenbeugungsanalysen von Pulverproben aussagekräftige Ergebnisse gewinnen. Anschließend gelang es ihnen dann auch noch, per Zonenschmelzen Einkristalle herzustellen. Dabei wird nur eine kleine Zone des Materials erhitzt und diese Schmelzzone weiter bewegt. Die wieder erkaltende Schmelze erstarrt dann mit einer einheitlichen Kristallstruktur zum gewünschten Einkristall, der sich dann per Röntgenstrukturanalyse untersuchen ließ. Festkörper-NMR-spektroskopische Untersuchungen brachten weitere, ergänzende Informationen über die Ribose.

Insgesamt kamen die Forscher zu der Erkenntnis, dass D-Ribose als Pyranose kristallisiert - und zwar in zwei Kristallformen, in denen die β- und α-Pyranose-Form in unterschiedlichen Verhältnissen enthalten sind.

Quelle:

Die Kristallstruktur von D-Ribose - endlich!
Dubravka Šišak, et. al., Angew. Chem. 2010. DOI: 10.1002/ange.201001266

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Ribose kristallisiert in Pyranose-Anomeren aus
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2010/jul/ribose.shtm)

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