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04.07.11 Sperriger, N-heterocyclischer Ligand ermöglicht Synthese von chiralen Indolinen

Richtig herum kuppeln

Anellierte Indoline durch asymmetrische Kohlenstoff-Kohlenstoff-Kupplung

Abb. 1: Selektivität bei hohen Temperaturen: Sperrige, thermisch stabile, chirale Palladiumkomplexe, die aus N-heterocyclischen Carbenen erzeugt wurden, wurden in der Synthese von hoch enantiomerenangereicherten trans-anellierten Indolinen eingesetzt. Bemerkenswerterweise findet die Reaktion bei erhöhten Temperaturen mit ausgezeichneter asymmetrischer Erkennung einer enantiotopen C-H-Bindung in einer nichtaktivierten Methyleneinheit statt.
Quelle: Angewandte Chemie

Viele Medikamente basieren auf Naturstoffen. Da es oft weder wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar ist, diese in ausreichenden Mengen aus Pflanzen oder Mikroorganismen zu isolieren, gilt es, die Substanzen künstlich nachzubauen. Dazu sind Verknüpfungen zwischen Kohlenstoffatomen notwendig – in der richtigen räumlichen Anordnung zueinander. E. Peter Kündig und ein Team von der Universität Genf stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie jetzt eine palladiumkatalysierte Synthese vor, mit der sie Indolin-Abkömmlinge stereoselektiv herstellen können.

Beim Aufbau großer komplizierter organischer Moleküle ist es meist einfacher, kleinere Einzelteile zu synthetisieren und diese dann über Kohlenstoffatome zum Gesamtmolekül zu verknüpfen. Die Verleihung des Chemie-Nobelpreises 2010 an R. Heck, E. Negishi und A. Suzuki für ihre Arbeiten zur palladiumkatalysierten Kreuzkupplung belegt, wie wichtig solche Methoden sind.

Die Atome in Molekülen wie Naturstoffen können bei gleicher Verknüpfung räumlich verschieden angeordnet sein. Wenn vier verschiedene Partner an ein Kohlenstoffatom gebunden sind, können diese auf zwei verschiedene Weisen angeordnet sein, die sich zueinander verhalten wie Bild und Spiegelbild (Chiralität). Bei der Verknüpfung von Molekülen über Kohlenstoffatome können neue chirale Zentren entstehen. Auf der Wunschliste ganz oben stehen daher Kupplungsreaktionen, die selektiv das Produkt mit der gewünschten räumlichen Anordnung liefern.

Kündig und seine Kollegen haben nun einen Durchbruch erzielt. Sie entwickelten eine neue Synthese für so genannte anellierte Indoline, eine Stoffklasse, die ein wichtiges Motiv in vielen Naturstoffen und Pharmaka ist, wie dem Antitumor-Medikament Vinblastin, dem Antiarrythmikum Ajmalin, aber auch dem Nervengift Strychnin. Indolin ist eine Doppelringstruktur aus einem aromatischen Sechsring und einem stickstoffhaltigen Fünfring, bei anellierten Indolinen ist dieser mit einem zusätzlichen Fünf- oder Sechsring verschmolzen.

Als Ausgangsverbindung diente den Forschern ein Molekül, in dem der mittlere Fünfring noch offen ist. Eines der zu verknüpfenden Kohlenstoffatome wurde durch Anbindung eines Bromatoms aktiviert. Unter Abspaltung des Broms und eines Wasserstoffatoms kommt es zum Ringschluss. Dabei entsteht ein chirales Zentrum, es sind also zwei räumlich verschiedene Varianten möglich. Dank eines neuen Palladium-Katalysators gelang es den Forschern zum ersten Mal, spezifisch eine C–H-Bindung (von zwei chemisch identischen) in die Reaktion einzubringen. Erfolgsgeheimnis ist ein sperriger chiraler N-heterocyclischer Carben-Ligand. Das Besondere: Mit diesem neuartigen Katalysator bleibt die Selektivität sogar bei den notwendigen hohen Temperaturen um 150°C erhalten.

Quelle:

Fused Indolines by Palladium-Catalyzed Asymmetric C-C Coupling Involving an Unactivated Methylene Group
M. Nakanishi, et. al., Angew. Chem. 2011. DOI: 10.1126/science.1207125

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Sperriger, N-heterocyclischer Ligand ermöglicht Synthese von chiralen Indolinen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2011/jul/indoline.shtm)

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