Portal für Organische Chemie

Chemie-Nachrichten > Juni

20.06.11 Terbium-161 als Alternative im Kampf gegen Krebs

Neue Waffe im Kampf gegen Krebs

Radionuklid-Therapie gegen kleine Tumore und Metastasen

Im Kampf gegen Krebs könnte der Medizin schon bald ein neuer Verbündeter zur Seitestehen: Terbium-161. Seine wichtigste Waffe: Konversions- und Auger-Elektronen. Aufbauend auf dem Radionuklid Terbium-161 haben Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) eine neue Therapie entwickelt, mit der vielleicht schon bald kleinere Tumore und Metastasen gezielter behandeln werden können. Das Nuklid wurde an der Forschungs-Neutronenquelle der TUM hergestellt und seine Wirksamkeit in Kooperation mit dem Paul Scherrer Institut (Villigen/Schweiz) erfolgreich an Krebszellen getestet.

Abb. 1: Das komplexierte Terbium-161 wird an ein kurzes Peptid angehängt, das sich bevorzugt an Strukturen auf der Zellwand von Tumorzellen anlagert.
Quelle: Siliva Lehenberger, Technische Universität München

Nicht immer ist die Diagnose Krebs ein Todesurteil. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten Krebs zu behandeln. Neben Bestrahlung und Chemotherapie ist auch die Radionuklid-Therapie ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die mutierten Zellen geworden. Dabei werden Nuklide - also radioaktive Elemente - in den Blutkreislauf der Patienten injiziert. Gebunden an spezielle Moleküle, die sich bevorzugt an Krebszellen anlagern, werden sie vom Herzen durch den Körper gepumpt, bis sie sich schließlich an die Zellwand einer Krebszelle anheften. Dort zerfallen sie und geben dabei Strahlung an ihre Umgebung ab. Diese attackiert die Krebszellen aus nächster Nähe und zerstört sie im besten Fall.

Ein bereits in der Klinik eingesetztes Nuklid ist das Lutetium-177. Bei seinem Zerfall entstehen schnelle Elektronen, sogenannte Beta-Teilchen. Ihre Reichweite beträgt in menschlichem Gewebe bis zu 100 Mikrometer, das Fünffache des Durchmessers einer Tumorzelle. Sie können daher auch gesundes Gewebe schädigen. Dr. Silvia Lehenberger, Radiochemikerin an der TU München, gelang es nun, das Nuklid Terbium-161 in therapeutisch relevanten Mengen und mit hoher Reinheit herzustellen. Dieses emittiert nicht nur die Beta-Teilchen sondern auch Konversions- und Auger-Elektronen, deren Reichweite nur zwischen 0,5 und 30 Mikrometern beträgt. Sie liegen damit genau im Bereich der Größe einer Tumorzelle und sind daher zur Bekämpfung kleinerer Tumore und von Metastasen bestens geeignet. „Hinzu kommt, dass das Nuklid einen höheren Energiegehalt besitzt als vergleichbare Teilchen“, erklärt Silvia Lehenberger.„Dem Patienten muss deshalb weniger davon verabreicht werden, was wiederum eine Reduzierung der Strahlenbelastung bedeutet.“

Wie Lutetium oder das von Hochleistungsmagneten her bekannte Neodym ist Terbium ein Metall der sogenannten Seltenen Erden. Die Elemente der Seltenen Erden sind sich chemisch extrem ähnlich. Außerdem sind im Rohprodukt noch Verunreinigungen enthalten, die für eine klinische Anwendung unerwünscht sind. Eine wesentliche Aufgabe war es daher, geeignete Trennverfahren zu entwickeln, um das Terbium-161 möglichst rein isolieren zu können. Wesentlichen Anteil an der Entwicklung dieses Trennverfahrens hatte Mitautor und TUM-Kollege Christoph Barkhausen. Die Ähnlichkeit der Elemente der Seltenen Erden hat aber auch einen Vorteil: Die für Lutetium-177 ausgearbeitete medizinische Applikation kann auch für Terbium-161 genutzt werden.

In Kooperation mit Forschern am Paul Scherrer Institut in Villigen (Schweiz) konnte Silvia Lehenberger bereits die Wirksamkeit des Nuklids an Krebszellen im Labor nachweisen. Doch dies ist nur der erste Schritt auf dem Weg zum fertigen Medikament. Bevor es in Kliniken Menschen verabreicht werden darf, muss noch eine Vielzahl an Tests absolviert werden.

Die Forscher stellten das Nuklid Terbium-161 durch Neutronenbestrahlung an der Garchinger Forschungs-Neutronenquelle FRM II aus Gadolinium-160 her. Für therapeutische Zwecke ist Terbium-161 aufgrund seiner Halbwertszeit von nur 6,9 Tagen sehr gut geeignet. Einerseits ist es nach der Produktion ohne größeren Aktivitätsverlust in die anwendende Klink zu transportieren, anderseits ist die Strahlung bereits nach 50 Tagen auf ein Prozent des ursprünglichen Wertes abgeklungen.

Quelle:

The low-energy β and electron emitter 161Tb as an alternative to 177Lu for targeted radionuclide therapy
S. Lehenberger, et. al., J. Nucl. Med. Biol. 2011. DOI: 10.1016/j.nucmedbio.2011.02.007

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Terbium-161 als Alternative im Kampf gegen Krebs
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2011/jun/terbium-161.shtm)

Verwandte Themen:

Anorganische Chemie, Medizinalchemie, Radioaktivität