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21.09.11 Entdeckung von Prexenocoumacin 1-Prodrugs und weiteren inaktiven Antibiotikum-Derivaten in Bakterien

Antibiotika: Bakterien produzieren zunächst Vorstufen

Ein Forscherteam der Goethe-Universität hat Vorstufen eines Antibiotikums gefunden, die anschließend in die aktive Form überführt werden

Abb. 1:  Prexenocoumacin 1 wird als inaktive Vorstufe durch eine spezifische Peptidase in das aktive Antibiotikum Xenocoumacin 1 gespalten. Die Bakterien der Gattung Xenorhabdus verfügen aber auch über einen Resistenzmechanismus, in dem Xenocoumacin 1 in das inaktive Xenocoumacin 2 überführt wird.
Quelle: Helge Björn Bode, Fachbereich Biowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Die Arbeitsgruppe um Prof. Helge B. Bode entdeckte in Bakterien der Gattung Xenorhabdus, die Insekten befallen und sich gegen Nahrungskonkurrenten mit der Produktion eines Antibiotikums wehren, fünf Vorstufen des Wirkstoffes, die verlängerte Derivate des aktiven Antibiotikums darstellen und komplett inaktiv sind. Diese auch als Prodrug zu verstehenden Substanzen werden dann über einen neu entdeckten Mechanismus aus der Bakterienzelle gepumpt und gleichzeitig durch Enzyme so gespalten, dass aus allen fünf Vorstufen nur eine aktive Verbindung entsteht, das Antibiotikum Xenocoumacin-1. Dieser Wirkstoff ist dann in der Lage, Nahrungskonkurrenten des Produzenten abzutöten. Um selbst nicht Schaden zu nehmen, hat Xenorhabdus einen ausgeklügelten Resistenzmechanismus entwickelt: Es wandelt Xenocoumacin-1 in ein inaktives Derivat um, das keine antibiotische Wirkung mehr aufweist.
 

Abb. 2:  Vereinfachte Darstellung der enzymatischen Umwandlungen und der Wirkorte der Substanzen
Quelle: Helge Björn Bode, Fachbereich Biowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Das Aktivieren von Proteinen durch enzymatische Spaltung ist ein weit verbreitetes und wichtiges Prinzip der Natur. Beispielsweise enthält unser Blut Vorstufen der Blutgerinnungsproteine, die bei einer Verletzung blitzartig aktiviert werden können. Auch die Bauchspeicheldrüse produziert Vorstufen der Verdauungsenzyme, die erst im Dünndarm wirksam werden. „Obwohl dieser neue Aktivierungsmechanismus sehr kompliziert erscheint, konnten wir zahlreiche weitere Bakterien identifizieren, die biologisch aktive Substanzen offenbar nach dem gleichen Mechanismus erzeugen“, erläutert Helge Bode. Die Entdeckung hat dabei auch für den Menschen praktische Bedeutung: „Ein Großteil unserer medizinisch genutzten Antibiotika oder Krebsmedikamente leitet sich von der auf diesem Weg produzierten, weit verbreiteten Gruppe von Peptiden ab“, so Bode.

Quelle:

A natural prodrug activation mechanism in nonribosomal peptide synthesis
D. Reimer, et. al., Nat. Chem. Biol. 2011. DOI: 10.1038/nchembio.688

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Entdeckung von Prexenocoumacin 1-Prodrugs und weiteren inaktiven Antibiotikum-Derivaten in Bakterien
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2011/sep/antibiotika.shtm)

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