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Namensreaktionen

Verwandte Reaktionen: [2,3]-Wittig-Umlagerung

Organic Chemistry Portal: [1,2]-Wittig Rearrangement

[1,2]-Wittig-Umlagerung

Die [1,2]-Wittig-Umlagerung ist die Basen-induzierte Reaktion eines Ethers zu sekundären oder tertiären Alkoholen.


Mechanismus

Im Vergleich zur [2,3]-Wittig-Umlagerung, hat die [1,2]-Wittig-Umlagerung wenig Aufmerksamkeit erhalten, da die Bandbreite an möglichen Edukten beschränkt ist, und die Ausbeuten vielfach schlecht sind. Der Mechanismus wurde detailliert beschrieben - z.B. hier: Nakai (J. Am. Chem. Soc., 1996, 118, 3317-3318. Abstract).

Die [1,2]-Wittig-Umlagerung ist eine Umlagerung eines Carbanions, welche über eine radikalische Dissoziation und Rekombination führt. Das lithiierte Zwischenprodukt bildet ein Ketyl-Radikal und ein Kohlenstoff-basiertes Radikal, die nach einer schnellen Rekombination innerhalb des Lösungsmittel-Käfigs zum Produkt führen:

Trotz des radikalischen Charakters bleiben die Stereozentren zu einem gewissen Grad intakt. Die Konfiguration des wandernden Kohlenstoffzentrums bleibt erhalten, wobei das lithiierte Zentrum eine Inversion vollführt:

Die Regioselektivitiät und die Reaktionsbereitschaft hängt von den Substituenten ab. So müssen die R-Gruppen ein Anion oder ein Radikal stabilisieren, damit die Umlagerung erleichtert wird. Zum Beispiel können Benzyl-Gruppen sowohl Anionen als auch Radikale stabilisieren. Die Kombination einer tertiären Alkyl- mit einer Benzylgruppe ergäbe ein ideales Edukt.

Weitere, geeignete Substrate sind beschrieben. So lassen sich z.B. O-Glycoside selektiv zu C-Glycosiden umwandeln:


K. Tomooka, H. Yamamoto, T. Nakai, J. Am. Chem. Soc., 1996, 118, 3317-3318.

Für allyl-substituierte Edukte steht die [2,3]-Umlagerung in Konkurrenz zur [1,2]-Umlagerung. In diesen Fällen führt die [1,2]-Wittig-Umlagerung nur zu Nebenprodukten. Wird die Temperatur so niedrig wie möglich gehalten, so kann die Kontamination mit dem [1,2]-Produkt eingeschränkt werden:

Die Regioselektivität kann besser kontrolliert werden, wenn α-Alkoxystannane als Edukte genutzt werden. Diese Modifikation, die "Wittig-Still-Umlagerung" genannt wird, führt über Transmetallierung zur Organolithium-Verbindung:

Die Wittig-Still-Umlagerung ermöglicht auch detaillierte Studien über den Mechanismus und die Stereospezifität der Umsetzung. So haben Maleczka und Feng folgende Beziehung nachgewiesen (J. Am. Chem. Soc., 1996, 118, 3317-3318. DOI):

Sie haben aber auch herausgefunden, dass die "normale" Spezifität durch intramolekulare Chelation aufgehoben werden kann:

Ähnliche Umsetzungen können auch mit weniger toxischen α-Alkoxysilanen durchgeführt werden:


R. E. Maleczka, Jr., F. Geng, Org. Lett., 1999, 1, 1115-1118.