Portal für Organische Chemie

Namensreaktionen

Verwandte Reaktionen: Delépine-Reaktion, Eschweiler-Clarke-Reaktion, Gabriel-Synthese

Organic Chemistry Portal: Staudinger Reaction

Staudinger-Reaktion
Staudinger-Reduktion

Azide können durch Hydrierung in Amine umgewandelt werden. Sehr milde und neutral läuft hingegen die Staudinger-Reaktion ab: Triphenylphosphin bildet zusammen mit dem Azid zuerst ein cis-configuriertes Phosphazid. Die nachfolgende Stickstoffabspaltung verläuft konzertiert. Das entstandene Phosphazen (Phosphinimin) lässt sich durch Hydrolyse in Phosphinoxid und das Amin umsetzen.


W. Q. Tian, Y. A. Wang, J. Org. Chem. 2004, 69, 4299. DOI
F. L. Lin, H. M. Hoyt, H. v. Halbeek, R. G. Bergman, C. R. Bertozzi, J. Am. Chem. Soc, 2005, 127, 2686. DOI

Die Staudinger-Reaktion ermöglicht, -N3 als -NH2-Synthon zu benützen.

In der aktuellen Literatur - teil der englischsprachigen Seiten, die oben verlinkt sind - sind auch einige interessante, exotischere Anwendungen von Staudinger-Reaktionen aufgeführt. So können problemlos Amide aus Carbonsäuren und Aziden synthetisiert werden:


Catalytic Staudinger-Vilarrasa Reaction for the Direct Ligation of Carboxylic Acids and Azides
J. Burés, M. Martín, F. Urpí, J. Vilarrasa, J. Org. Chem., 2009, 74, 2203-2206.

Die Staudinger-Reaktion findet aber auch in einigen Synthesen von Heterocyclen Anwendung. In dem Beispiel reagiert das Phosphazen-Zwischenprodukt in einer Aza-Wittig-Reaktion mit dem parallel gebildeten Keten weiter:


A Tandem Approach to Isoquinolines from 2-Azido-3-arylacrylates and α-Diazocarbonyl Compounds
Y.-Y. Yang, W.-G. Shou, Z.-B. Chen, D. Hong, Y.-G. Wang, J. Org. Chem., 2008, 73, 3928-3930.


Prof. Hermann Staudinger (1881-1965)

Der Deutsche Chemiker Hermann Staudinger leistete als Teil seiner Habilitation in Strassburg wichtige Grundlagenforschung über Ketene. Nach einer ausserordentlichen Professur in Karlsruhe wechselte er an die ETH in Zürich. Dort entwickelte Staudinger Reaktionen mit Ketenen (z.B. die Staudinger-Synthese), die oben beschriebe Reduktion von Aziden und befasste sich unter anderem auch mit einer verbesserten Synthese von Diazomethan. In Zürich fing Staudinger auch an, sich mit Makromolekülen zu beschäftigen, was in Freiburg - Staudingers letzter Station - zum Hauptforschungsfeld wurde und schliesslich zur Gründung des Instituts für Makromolekulare Chemie und zum Nobelpreis 1953 "für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der makromolekularen Chemie" führte. Das Institutsgebäude trägt heute den Namen "Hermann-Staudinger-Haus".