Organic Chemistry Portal: Staudinger Synthesis
Staudinger-Synthese
Staudinger-Cycloaddition
Die formale [2+2]-Cycloaddition von Iminen zu Ketenen führt zu β-Lactamen.
Mechanismus
Sowohl Ketene als auch Imine sind Moleküle, die als Nucleophil aber auch als Electrophil reagieren können. Im ersten Schritt addiert das Imin als Nucleophil zum Keten. Die nachfolgende Cycloaddition liefert das β-Lactam:
Die zwitterionische Zwischenstufe vollführt einen schrittweisen Ringschluss zu einem β-Lactam-Ring. Die Stereoselektivität ist ein Resultat des Wettbewerbes zwischen direktem Ringschluss und Isomerisierung des geladenen Imin-Restes der Zwischenstufe. Der Ringschluss ist höchstwahrscheinlich eine nucleophile Addition der Enolatgruppe zum Iminrest, die offenbar durch elektronische Effekte von Substituenten am Keten und dem Imin beeinflusst wird. Elektronenstossende Substituenten am Keten und elektonenziehende Gruppen am Imin beschleunigen den direkten Ringschluss und führen damit zu einer Bevorzugung der cis-β-Lactam-Bildung, wohingegen elektronenziehende Substituenten am Keten und elektronenstossende Substituenten am Imin den unmittelbaren Ringschluss verlangsamen, so dass durch Isomerisierung die trans-β-Lactam-Bildung bevorzugt wird (L. Jiao, X. Liang, J. X. Xu, J. Am. Chem. Soc. 2006, 128, 6060-6069, DOI):
Bei tieferen Temperaturen wird eine katalysierte Variante mit nicht-nucleophilen Iminen (z.B. tosylierte Imine) möglich. Umpolung des Ketenes mit einem Nucleophil wie einem tertiären Amin führt zu einem nucleophilen Keten, welches zum Imin addiert:
Dieser umgekehrte Reaktionsverlauf erlaubt den Gebrauch von chiralen, nucleophilen Katalysatoren für enantioselektive Umsetzungen. (Siehe "recent literature" in Staudinger Synthesis).
Diphenylketen ist stabil, aber die meisten Ketene polymerisieren und müssen kurz vor der eigentlichen Reaktion hergestellt werden. Ketene können aber auch in situ in Beisein des Imines z.B. mittels einer licht- oder wärmeinduzierten Wolff-Umlagerung hergestellt werden:
Unter Gebrauch der Umpolung bietet sich die Reaktion eines Säurechlorides mit einem tertiären Amin in Gegenwart eines Protonenschwammes an:
R3N könnte hier ein teurer, chiraler Katalysator wie ein Chinchona-Alkaloid sein, wohingegen der Protonenschwamm in stöchiometrischer Menge genutzt wird. Für achirale Reaktionen würde z.B. NEt3 beiden Funktionen dienen. Die nachfolgende Reaktion liefert den unverbrauchten Katalysator zurück:
Eine generelle Übersicht zur katalytischen, asymmetrischen Synthese von β-Lactamen liefert ein Artikel von Thomas Lectka (Acc. Chem. Res. 2004, 37, 592-600. DOI). Eine Publikation von Claudio Palomo diskutiert im Speziellen Reaktionen von Säurechloriden mit Iminen, behinhaltet aber auch eine Betrachtung von Diastereoselektivitäten und eine genauere Diskussion der mechanistischen Details während des Ringschlusses und der Asymmetrischen Induktion auf den Ringschluss durch Seitenketten des Ketenes (Eur. J. Org. Chem. 1999, 3223-3235. DOI). Der Einfluss von Lösungsmitteln, Additiven und der Art der Keten-Bildung auf die Stereoselektivität wird von Jiaxi Xu beschrieben (J. Org. Chem. 2006, 71, 6983-6990. DOI).