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06.11.06 Kristallographische Untersuchungen an Zeolithen

Kombination bringt Durchbruch

Kristallographische Untersuchungen an Zeolithen

Forschern des Laboratoriums für Kristallographie der ETH Zürich gelang es, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern verschiedener anderer Universitäten, die grösste bisher hergestellte Zeolith-Struktur zu entschlüsseln. Wie die Wissenschaftler in der neusten Ausgabe der Zeitschrift Nature schreiben, gelang ihnen die Rekonstruktion der Kristallstruktur dank einer neuartigen Kombination von bewährten Untersuchungsmethoden.

Abb.1: Abbildung einer Schicht der Kristallstruktur von Zeolith TUN-9. Dargestellt sind nur die Si-Atome; die Sauerstoffatome zwischen den Si-Atomen wurden zur besseren Übersicht weggelassen. Gut sichtbar sind die Kanäle, die von 10-er Ringen gebildet werden. Rot markiert ist ein weiterer Kanal, der innerhalb der Schicht verläuft.

Fehlende Informationen

Um die Struktur von unbekannten Materialen zu bestimmen, benutzen Kristallographen häufig die Methode der sogenannten Pulver-Röntgendiffraktometrie. Bestahlt man das pulverförmige Material mit Röntgenstrahlen, so lässt sich aus dem Beugungsdiagramm die Kristallstruktur der untersuchten Probe ermitteln. Das Verfahren stösst allerdings bei komplexen Verbindungen an seine Grenzen. Auf Grund der zahlreichen Überlappungen im Beugungsdiagramm gehen im aufgezeichneten Signal wichtige Informationen verloren, ohne die die gesuchte Struktur nicht direkt bestimmt werden kann.

Die Forschergruppe hat nun die Daten der Diffraktometrie mit Phasen-informationen aus Elektronenmikroskopie-Aufnahmen kombiniert. Mit Hilfe einer speziellen Software, die bereits früher an der ETH entwickelt wurde, konnten die Wissenschaftler schliesslich das unbekannte Material charakterisieren. Die Verbindung mit dem Namen TNU-9 verfügt in der kleinsten Einheit, in der solche Kristalle beschrieben werden, 24 Silizium- und Aluminiumatome in tetraedrischen Positionen – das sind 8 Atome mehr als im Kristall ITQ-22, der bisher kompliziertesten bekannten Zeolithstruktur. "Das neue Verfahren bringt einen deutlichen Forschritt", erklärt Fabian Gramm, Erstautor der Studie.

Die Berechnungen erforderten einen beachtlichen Rechenaufwand. 16 Tage lang rechnete ein G5-Macintosh ununterbrochen, bis er den ersten Lösungsvorschlag für die neue Struktur ermittelt hatte.

Gefragte Kristalle

Die Resultate der Studie sind in verschiedener Hinsicht von Interesse, erklärt Gramm. Zeolithe weisen in ihrer Kristallstruktur kanalartige Hohlräume auf und werden wegen ihrem speziellen Aufbau für verschiedene Anwendungen eingesetzt. In der chemischen Industrie beispielsweise werden sie als molekulare Siebe und Ionentauscher verwendet. Sie kommen aber vor allem auch als Katalysatoren in der Petrochemie zum Einsatz.

Am Projekt war eine ganze Reihe von Forschungsgruppen beteiligt, erzählt Gramm. Das Material wurde ursprünglich von koranischen Wissenschaftlern hergestellt. Untersucht wurde es anschliessend an der University of St. Andrews (GB). Die britischen Forscher zogen danach Wissenschaftler der Stockholm University bei, welche die Elektronenmikroskopie-Daten beisteuerten. Schliesslich kamen noch die Zürcher Forscher hinzu, denen schliesslich dank ihren neuen Verfahren der Durchbruch gelang.

Quellen:

"ETH-Life"-Bericht Kombination bringt Durchbruch

Complex zeolithe structure solved by combining powder diffraction and electron microscopy
Gramm, Fabian, et.al., Nature 2006, 444, 79-81.

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Kristallographische Untersuchungen an Zeolithen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2006nov/zeolithe.shtm)

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