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13.03.08 Chelatligand für Chlorid-Ionen

Mini-Donut fängt Chlorid-Ionen

Formstabiler Makrocyclus als Chelatligand für Anionen

Abb. 1: Durch geeignete Anordnung einer Vielzahl von Wasserstoffbrücken in einem formstabilen Makrozyklus kann eine hohe Affinität zu Chloridionen erzielt werden. Die im Makrozyklus enthaltenen Triazole wurden mittels "Klick-Chemie" aufgebaut

Ionen, d.h. geladene Atome oder Moleküle, spielen eine wichtige Rolle in der Natur, für die Funktionen unseres Körpers, für die Wissenschaft und Technik. Oft ist es notwendig, sie einzufangen, zu entfernen, zu maskieren, zu stabilisieren, oder zu transportieren. Ob im Körper oder im Labor: Im Fall positiv geladener Metallionen gelingt das sehr gut mit Chelatliganden, organischen Molekülen, die die Ionen fest in die Zange nehmen. Schwierig ist es dagegen, passende Chelatoren für negativ geladene Anionen wie Chlorid oder Fluorid zu entwerfen. Amar Flood und Yongjun Li von der Indiana University in Bloomington (USA) haben jetzt ein Donut-förmiges Molekül synthetisiert, das Chloridionen fest und selektiv in seiner Mitte aufnimmt. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, sind es Wasserstoffbrückenbindungen, die das Chlorid an Ort und Stelle halten.

Chelatoren (vom griechischen Wort für „Krebsschere“ abgeleitet) sind kleine organische Moleküle, die Atome oder andere kleine Moleküle mit Hilfe mehrerer Bindestellen in die Zange nehmen und festhalten. Mit einer so genannten Chelattherapie werden beispielsweise Schwermetalle bei einer Vergiftung ausgeschwemmt. Kationen auf diese Weise zu binden, ist gang und gäbe. Organische Moleküle zu entwerfen, deren positiv geladene „Greifarme“ so angeordnet sind, dass sie Anionen fest und selektiv einfangen, gelang bisher nicht.

Flodd und Li fanden den neuen Anionen-Chelator mehr durch Zufall, als sie verschiedene Makrocyclen herstellten – mit Hilfe einer als „Klick-Chemie“ bezeichneten, kostengünstigen, flexiblen Synthesemethode, Moleküle auf einfache und effiziente Weise zu großen Einheiten zusammenzufügen. Die Forscher „klickten“ vier kleine Ringe zu einem großen zusammen, dabei entstehen weitere vier Ringe. Fünfringe aus drei Stickstoff- und zwei Kohlenstoffatomen (Triazolringe) sind nicht nur ein Nebenprodukt der Klick-Chemie, sondern essenziell für die Bindung des Chloridions, das sich in der freien Mitte des Donut-Rings gemütlich einkuscheln kann. Die Triazole halten das Chloridion über Wasserstoffbrückenbindungen fest – erstaunlich, denn bisher nahm man an, dass Wasserstoffbrücken nicht stark genug sind für eine ausreichend stabile Bindung eines Halogenidions in einem Chelatkomplex. Vermutlich spielt dabei eine wichtige Rolle, dass in dem formstabil vorgeformten Makrozyklus die Bindestellen bereits in der passenden Weise präorganisiert sind und sich der Chelator nicht erst um das Ion herum arrangieren muss, wie bei offenkettigen Chelatoren der Fall.

Die anderen vier nicht bindenden Ringe des Donuts können fast beliebig variiert werden, so dass sich die Forscher eine ganze Familie neuer Chelatoren erhoffen, die ein ganzes Spektrum anderer Anionen mit hoher Spezifität binden könnten..

Quelle:

Pure C-H Hydrogen Bonding to Chloride Ions: A Preorganized and Rigid Macrocyclic Receptor
Y. Li, A. H. Flood, Angewandte Chemie 2008, 120, No. 14, 2689-2692. DOI: 10.1002/ange.200704717

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Chelatligand für Chlorid-Ionen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2008mae/chelat.shtm)

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