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09.10.08 Künstliches Prionprotein mit GPI-Anker synthetisiert

Dem Erreger des Rinderwahns auf der Spur

Erstes künstliches Prionprotein mit Anker

Abb. 1: Synthese des GPI-verankerten Proteins
Quelle: Angewandte Chemie

Der Verursacher von Krankheiten wie BSE bei Rindern und der Creutzfeld-Jakob Krankheit bei Menschen ist das Prionprotein. Dieses Protein ist über einen Anker, der sowohl aus Zucker- als auch aus Lipid-Bestandteilen besteht (Glycosylphosphatidylinositol(GPI)-Anker), in der Zellmembran verankert. Die Verankerung der Prionen scheint einen starken Einfluss auf die Umwandlung der normalen Form des Proteins in seine pathogene Form zu haben, die Auslöser von Scrapie und Rinderwahn ist. Ein Team um Christian F. W. Becker von der TU München und Peter H. Seeberger von der ETH Zürich (ab 1.1.2009: MPI Golm) hat nun das erste GPI-verankerte Prion im Labor synthetisiert. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, gelang es ihnen, eine generelle Methode zum Nachbau verankerter Proteine zu entwickeln.

Eine Isolierung des kompletten Prionproteins einschließlich des Ankers war bisher nicht möglich, ebensowenig ließ sich ein synthetisches GPI-verankertes Protein herstellen. Die Funktion des GPI-Ankers für das Prionprotein blieb daher bisher im Dunkeln. Ein neues Synthesekonzept bescherte dem deutsch-schweizer Forscherteam nun einen wichtigen Durchbruch.

Der Zuckerteil natürlicher Prionen-GPI-Anker besteht aus fünf Zuckerbausteinen, wobei über eine Verzweigung weitere Zucker angehängt sind. Details über den Lipidteil sind bisher nicht bekannt. Als Syntheseziel wählten die Forscher daher ein Konstrukt aus den fünf Zuckern und einer C18-Lipidkette und arbeiteten die entsprechende Syntheseroute aus. Schließlich wurde der Anker mit der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein ausgestattet. Das Prionprotein wurde mit Hilfe von Bakterien hergestellt und mit einem zusätzlichen Thioester (eine schwefelhaltige Gruppe) versehen. Herzstück des neuen Konzepts ist die Verknüpfung von Protein und Anker durch eine so genannte „native chemische Ligation“. Die Cystein-Gruppe reagiert dabei mit dem Thioester. Wie erhofft ließ sich das Prionprotein über den künstlichen Ankers fest in die Membranen von Vesikeln einbauen.

Mit Hilfe des neuen Konzepts lassen sich die für eingehende Studien benötigten Mengen mit GPI-Ankern modifizierter Proteine gewinnen. Experimente mit dem künstlichen GPI-Prionprotein sollen nun helfen, den Einfluss der Membranassoziation auf die Umwandlung in die pathogene Scrapie-Form aufzuklären. Damit sollte es endlich möglich sein, die infektiöse Form des Prions aufzuspüren.

Quelle:

Semisynthese eines Glycosylphosphatidylinositol-verankerten Prionproteins
C. F. W. Becker, et. al., Angew. Chem. 2008, DOI: 10.1002/ange.200802161

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Künstliches Prionprotein mit GPI-Anker synthetisiert
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2008okt/prionen.shtm)

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