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27.08.09 Polarisiertes Licht mit breitem Wellenspektrum dank Metamaterial

Metamaterialien lassen Licht tanzen

KTI-Wissenschaftler entwickeln Metamaterialen, die als optische Polarisatoren eingesetzt werden können

In letzter Zeit haben Metamaterialien, mit denen sich elektromagnetische Wellen, also auch Licht, manipulieren lassen, die Phantasie von Forschern beflügelt. Diese künstlichen Strukturen besitzen Eigenschaften, wie man sie in der Natur nicht findet. Perfekte Linsen ohne Abbildungsfehler, ja sogar optische Tarnkappen sind damit zumindest theoretisch möglich. Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beschreiben jetzt erstmals dreidimensionale Metamaterialien, die tatsächlich in spektroskopischen Messgeräten Anwendung finden könnten.

Abb. 1: Bild des Metamaterials unterm Rasterelektronenmikroskop, kombiniert mit einer Computergrafik. Die rot-weiße Spirale symbolisiert das zirkular polarisierte Licht.
Quelle: Centrum für Funktionelle Nanostrukturen

Das Team um Professor Martin Wegener vom Centrum für Funktionelle Nanostrukturen und Professor Volker Saile vom Institut für Mikrostrukturtechnik kombinieren unterschiedliche Technologien, um optische aktive Metamaterialien herzustellen. So wird zunächst mit einem Laser in einem Fotolack die Struktur gleichsam "geschrieben" und danach aufgelöst. In einem zweiten Schritt wird in den dabei entstandenen Hohlräumen Gold galvanisch abgeschieden, bis sie gefüllt sind. Schließlich wird die Polymer-Urform weggeätzt. Zurück bleibt eine Struktur, die an eine Federkernmatratze erinnert: Sie besteht aus vielen regelmäßig angeordneten, winzigen Goldspiralen mit einem Durchmesser von nur wenigen hundert Nanometern (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter). "Die Spiralen bringen Licht, das durch das Metamaterial strahlt, gleichsam das geordnete Walzertanzen bei", umschreibt Wegener die Funktionsweise. Aufgrund ihres Aufbaus lassen die dreidimensionalen Metamaterialien nur einen der beiden Drehsinne einer elektromagnetischen Welle passieren. Sie wirken so als Filter für zirkular polarisiertes Licht.

Abb. 2: Prinzip der galvanischen Goldabscheidung: Im Elektrolyt gelöste Gold-Komplexe diffundieren in die Hohlräume der Struktur, wo sie an der Kathode zersetzt werden. Die dabei entstehenden Goldionen werden abgeschieden und füllen schließlich die Hohlräume vollständig aus.
Quelle: Centrum für Funktionelle Nanostrukturen

Diese Eigenschaft beruht darauf, dass Metamaterialien nicht nur die elektrische, sondern auch die magnetische Komponente einer elektromagnetischen Welle direkt beeinflussen. "Solche Strukturen können dies je nach Größe der Spiralen für ganz unterschiedliche Wellenlängen und über eine vergleichsweise große Bandbreite von Wellenlängen", erläutert Justyna Gansel aus der Arbeitsgruppe Wegener. Ihre Ergebnisse räumen den bisher beobachteten Nachteil von Metamaterialien aus, dass ihre speziellen Eigenschaften nur auf ein enges Frequenzspektrum beschränkt sind.

Die neuartigen kompakten und breitbandigen zirkularen Polarisatoren könnten für zahlreiche Anwendungen in der optischen Spektroskopie von großem Interesse sein. Sie ließen sich zum Beispiel in handliche Geräte einbauen, die Gemische von Substanzen analysieren, welche selbst als Polarisatoren wirken. "Die rechtsdrehenden Milchsäuren aus dem Joghurt könnten so in Zukunft mit Hilfe von Metamaterialien bestimmt werden", spekuliert Gansel.

Mit ihren Arbeiten an nanostrukturierten polarisierenden Metamaterialien setzen die KIT-Wissenschaftler quasi eine alte Karlsruher Tradition fort: Vor gut 120 Jahren benutze Heinrich Hertz einen, allerdings fast zwei Meter großen, linearen Polarisator für seine bahnbrechenden Forschungen über elektromagnetische Wellen.

Quelle:

Gold Helix Photonic Metamaterial as Broadband Circular Polarizer
J. K. Gansel, et. al., Science 2009, DOI: 10.1126/science.1177031

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Polarisiertes Licht mit breitem Wellenspektrum dank Metamaterial
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009/aug/metamaterialien.shtm)

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