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17.09.09 Hydroxyoxime spüren gefährliche Organophosphorverbindungen auf

Ringschluss als Warnung

Neues Reagenz zum Nachweis von Organophosphat-Nervengiften spricht extrem rasch an

Abb. 1: Eine Serie von Oximverbindungen für die simultane Detektion und Entgiftung von Nervengiften auf Organophosphor-Basis wurde entwickelt. Die Wirkungsweise dieser optischen Sensoren beruht auf der intramolekularen Cyclisierung der intermediären Oxim-Organophosphor-Spezies durch die Anwesenheit einer β-Hydroxy-Gruppe. Das entstehende Isoxazol erzeugt ein verstärktes Fluoreszenzsignal, das die Gegenwart und Zerstörung des Nervengiftes anzeigt.
Quelle: Angew. Chem.

Soman, Tabun und das bei terroristischen Anschlägen bereits verwendete Sarin sind chemische Kampfstoffe, die das zentrale Nervensystem lähmen. Eingeatmet können diese extrem giftigen organischen Phosphorsäureester („Organophosphate“) innerhalb von Minuten zum Tode führen. Entsprechend drängend ist die Suche nach raschen, einfachen Nachweismethoden für die unglücklicherweise relativ einfach herzustellenden farb- und geruchlosen Gase. Julius Rebek, Jr. und Trevor J. Dale vom Scripps Research Institute in La Jolla (USA) haben jetzt eine neue Klasse von Sensoren entwickelt, die die Nervengifte um bis zu fünf Größenordnungen schneller detektieren als bisherige Reagenzien. Wie die Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, weisen diese Substanzen die Nervengifte nicht nur selektiv nach, sondern machen sie gleichzeitig auch unschädlich.

Bisherige Nachweismethoden für Organophosphate kranken daran, dass sie nicht empfindlich genug, zu aufwendig und nicht vor Ort einsetzbar sind. Um diese Beschränkungen zu überwinden, hatten Rebek und Dale vor kurzem bereits ein neues Nachweisreagenz entwickelt, das ihnen mit einer Reaktionszeit im Sekundenbereich jedoch noch nicht schnell genug ansprach. Schritt für Schritt entwickelten die beiden Forscher ihr Reagenz weiter. Heraus kam dabei eine Klasse von Sensoren, die aus einem aromatischen Ringsystem bestehen und eine Oxim-Gruppe (–C=N–OH) tragen. Eine solche Gruppe verbindet sich extrem schnell mit Organophosphaten. (Die Forscher führten ihre Versuche mit ungefährlichen Nervengiftanaloga durch). In direkter Nachbarschaft zur Oxim-Gruppe trägt das Molekül eine Alkohol-Gruppe (–OH). Diese sorgt dafür, dass das Reaktionsprodukt gleich wieder gespalten wird. Das ist wichtig, da es nicht weniger toxisch als die ursprünglichen Nervengifte ist. Der Sensor geht dabei einen molekülinternen Ringschluss ein. Das aromatische Ringsystem hat zum Einen die Aufgabe, die Neigung des Sensors zu fördern, diese Spaltung mit Ringschluss einzugehen. Zum Anderen dient es als eigentlicher „Signalgeber“, der die Anwesenheit eines Organophosphats sichtbar macht: Das Ringsystem ist ein fluoreszierender Farbstoff, dessen Fluoreszenzintensität deutlich zunimmt, sobald sich die Struktur des Sensormoleküls durch den Ringschluss verändert. Dieser optische Nachweis spricht um vier bis fünf Zehnerpotenzen schneller an als das ursprüngliche Reagenz.

Abb. 2: Reaktionsschritte

Auf Basis der neuen Reagenzien sollte sich eine einfache, rasch ansprechende, und hochempfindliche Detektionsmethode für Organophosphate entwickeln lassen. Da während der Nachweisreaktion das Nervengift unschädlich gemacht wird, ließen sich auf dieser Basis vielleicht sogar kombinierte Geräte zur gleichzeitigen Detektion und Neutralisierung der Toxine entwickeln.

Quelle:

Hydroxy Oximes as Organophosphorus Nerve Agent Sensors
T. J. Dale, et. al., Angew. Chem. 2009, DOI: 10.1002/ange.200902820

Bitte zitieren Sie die Seite wie folgt:

Hydroxyoxime spüren gefährliche Organophosphorverbindungen auf
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009/sep/nervengift.shtm)

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