20.06.09 Angstlösende Substanz XBD173 hat besseres Nebenwirkungsprofil
Neuer Wirkmechanismus für Medikamente gegen Angsterkrankungen identifiziert
Die angstlösende Substanz macht weder müde noch zeigt sie ein Abhängigkeitspotential
Jeder siebte Bundesbürger entwickelt im Laufe seines Lebens eine Angsterkrankung, die therapiert werden muss. Gängige angstlösende Medikamente (Anxiolytika) basieren auf der Wirkstoffklasse der Benzodiazepine. Diese beruhigen die Patienten und verringern rasch die Angstgefühle. Unerwünschte Nebenwirkungen, wie Müdigkeit, Medikamententoleranz und Entzugsprobleme machen eine langfristige Einnahme jedoch problematisch. Wissenschaftler um Rainer Rupprecht, Fellow am Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie, konnten nun erstmals den Nachweis erbringen, dass über einen neuartigen Mechanismus auf der Grundlage von Neurosteroiden, welche sich vom Hormon Progesteron ableiten, neue Anxiolytika entwickelt werden können. Ein solches Medikament zeigte im Tierexperiment sowie in einer klinischen Studie deutlich weniger Nebenwirkungen.
Abb. 1: Aufgrund der Bindung von XBD173 am Translokatorprotein-18 in der
mitochondrialen Membran wird die Aufnahme der Neurosteroid-Vorstufe Cholesterol
verstärkt und erhöhte Mengen an Neurosteroiden gebildet. Diese Neurosteroide
verändern die Funktion eines Rezeptors an der postsynaptischen Membran von
Nervenzellen. Dies hemmt die Signalweiterleitung und führt auf Verhaltensebene
zur angstlösenden Wirkung.
Quelle: MPI für Psychiatrie
Um die Wirkung von XBD173 erstmals beim Menschen zu prüfen, konzipierten beteiligte Ärzte eine klinische Studie, bei der 70 gesunde, freiwillige Versuchspersonen getestet wurden. Den Probanden wurde das das Neuropeptidfragment CCK-4 gespritzt, das für zwei bis fünf Minuten eine kurze Angst- und Panikattacke auslöste. Erhielten die Probanden XBD173 war die Angst nicht mehr entsprechend auslösbar. Auch das Benzodiazepin Alprazolam dämpfte die Angstgefühle. Hier berichteten die Versuchsteilnehmer jedoch - im Gegensatz zu XBD173 - über unerwünschte Müdigkeit nach Einnahme und Entzugssymptome nach Absetzen des Präparats.
Abb. 2: Novartis Wirkstoff XBD173 gefolgt von Neuropeptidfragment CCK-4 (CAS: 1947-37-1) und von Benzodiazepin-Derivat Alprazolam (CAS: 28981-97-7)
Die Forscher haben somit über die Stimulierung der Neurosteroidsynthese mittels des Translokator-Proteins 18 einen neuen Mechanismus zur Behandlung von Angsterkrankungen entdeckt, der ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als Benzodiazepine aufweist. Darüber hinaus wurden die Rahmenbedingungen definiert, wie solche Studien auch an gesunden Versuchspersonen durchgeführt werden können. "Der erfolgreiche Einsatz eines experimentell induzierbaren Angstmodells bei gesunden Probanden erleichtert zukünftig die Entwicklung neuartiger Anxiolytika, da Wirkstoffprüfungen in ihrer frühen Phase nicht unbedingt am Patienten durchgeführt werden müssen", sagt Rainer Rupprecht. Dabei sei ihm bewusst, dass die Erkenntnisse, die an Gesunden gewonnen werden, nicht 1:1 auf Patienten übertragen werden könnten. "Sie ersetzen nicht die nötigen Zulassungstests an Patientenkollektiven."
Quelle:
Translocator Protein (18 kDa) as Target for Anxiolytics Without Benzodiazepine-Like Side Effects
R. Rupprecht, et. al., Science 2009, DOI:
10.1126/science.1175055
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Angstlösende Substanz XBD173 hat besseres
Nebenwirkungsprofil
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009jun/angst.shtm)
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