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12.05.09 DNA-Box als Wirkstoff-Transporter der Zukunft

Origami für Moleküle

DNA in Box-Form

Forschern an der Universität Aarhus (Dänemark) und am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Göttingen) ist es gelungen, DNA-Moleküle zu entwerfen, die sich von selbst zu winzigen Nanoboxen formen. Über molekulare "Schlösser" lassen sich diese sogar kontrolliert öffnen und schließen.

Abb. 1: Die künstlerische Darstellung zeigt, wie sich speziell entworfene DNA-Moleküle zu einer winzigen Nano-Box falten, die sich kontrolliert öffnen und schließen lässt. Denkbar wäre der Einsatz einer solchen Box als Transportbehälter, um Wirkstoffe in der Zelle zu transportieren und erst an Ort und Stelle freizusetzen.
Quelle: Stark / MPIbpc

Forscher der Universität Aarhus (Dänemark) und des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie (Göttingen) haben jetzt erstmals Desoxyribonukleinsäure (DNA)-Moleküle entworfen, die sich nicht zu verknäuelten DNA-Strängen formen, wie wir sie aus der lebenden Zelle kennen. Stattdessen falten sie sich selbstständig zu einer dreidimensionalen Box. Doch wie bringt man DNA dazu, genau diese Form anzunehmen?

"Wir nutzen aus, dass DNA die Fähigkeit besitzt, sich selbst zu definierten Strukturen zu organisieren. Diese können wir über die Reihenfolge ihrer Basen-Bausteine vorbestimmen", erklärt Jorgen Kjems von der Universität Aarhus. Mithilfe eines speziellen Computer-Verfahrens haben die Wissenschaftler sechs DNA-Stränge entworfen. Jeder dieser DNA-Stränge lässt sich zu einer zweidimensionalen "Miniatur-Wandplatte" zusammenketten. Im nächsten Schritt erfolgte das Design und Anbringen der "Ösen", um die sechs Wandplatten aneinander zu klammern. Der Clou an der Box ist der verschließbare Deckel: Die Box ist mit einem molekularen "Schloss" ausgestattet, das sich über winzige DNA-"Schlüssel" öffnen und schließen lässt.

Struktur unter die "Lupe" genommen

Mit einer Größe von nur 42 x 36 x 36 Nanometern (millionstel Millimetern) und einer Wanddicke von knapp 2.5 Nanometern sind diese DNA-Boxen nanoskopisch klein und weder für unser Auge noch für konventionelle Lichtmikroskope sichtbar. Doch in der Welt der Moleküle bieten sie viel Platz. Auch große makromolekulare Maschinen der Zelle ließen sich darin mühelos verstauen, beispielsweise ein ganzes Ribosom - die "Proteinfabrik" der Zelle.

Dass die DNA-Moleküle tatsächlich richtig gefaltet sind, davon konnten sich die Wissenschafter erst mithilfe ausgeklügelter struktureller Methoden wie der Rasterkraftmikroskopie, der Kryo-Elektronenmikroskopie und der Röntgenkristallographie überzeugen. "Die meisten DNA-Moleküle liegen tatsächlich zu Nanoboxen gefaltet vor", sagt Holger Stark, der am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und am Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften der Georg-August-Universität forscht. Ob sich die Nano-Box kontrolliert über DNA-"Schlüssel" öffnen und schließen lässt, sehen die Forscher so allerdings nicht. Um dies zu testen, markierten sie den molekularen Schließmechanismus mit zwei unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen am Deckel und an der Wand der Box. "Ist die Box geschlossen, sind die beiden Farbstoffe in unmittelbarer Nähe zueinander und wir können ein deutliches Signal messen. Durch Hinzufügen der Schlüssel wurde dieses Signal sehr viel schwächer. Der Abstand zwischen den beiden Farbstoffen hat sich vergrößert - weil sich der Deckel geöffnet hat", erklärt Holger Stark.

Doch wozu lässt sich ein solcher Nano-Transporter einsetzen? Denkbar wäre, dass mit diesem Nanocontainer Wirkstoffe in der Zelle transportiert und erst an Ort und Stelle durch ein spezifisches Signal freigesetzt werden. Aber auch andere Anwendungen wären prinzipiell möglich, beispielsweise DNA-Bauelemente für Mikroelektronik.

Quelle:

Self-assembly of a nano-scale DNA box with a controllable lid
E. S. Andersen, et. al., Nature 2009, DOI: 10.1038/nature07971

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DNA-Box als Wirkstoff-Transporter der Zukunft
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2009mai/dna-box.shtm)

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