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22.04.10 Ramanmikroskopie hilft, Aufenthaltsort von Metallcarbonyl-Komplexen zu bestimmen

Forscher verfolgen Metallkomplexe auf dem Weg in lebende Zellen

Bochumer Chemikern ist es mit der Methode der Raman-Mikroskopie gelungen, den Aufenthaltsort von Metallverbindungen genau zu verfolgen.

Die Forscher gewinnen so neue Einblicke in die Wirkmechanismen von metallhaltigen Arzneistoffen, denen sie großes Potenzial z.B. bei der Bekämpfung von Krebserkrankungen beimessen.

Abb. 1: Deutlich erkennbar: 3D-Raman-Intensitätsbilder von HT29-Darmkrebszellen, die mit einer wässrigen Lösung des CO freisetzenden Metallcarbonylkomplexes 1 inkubiert wurden, zeigen, dass die Verbindung in die Zellen eindringt und sich in der Kernmembran und dem Nucleolus anreichert. Die CO-Streckschwingung von 1 dient dabei als intrinsischer spektroskopischer Marker.
Quelle: Angewandte Chemie

Metallhaltige Wirkstoffe

Die beiden Arbeitsgruppen von Dr. Ulrich Schatzschneider und Prof. Dr. Nils Metzler-Nolte synthetisieren Metallverbindungen, die gegen Krebs und Infektionskrankheiten wirken können. "Weit über die Hälfte aller chemischen Elemente sind Metalle. Umso erstaunlicher ist es, dass metallhaltige Wirkstoffe im Portfolio der gängigen Arzneistoffe, von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, bisher praktisch nicht vorkommen", sagt Prof. Metzler-Nolte. Dabei sind sie in Zellmodellen gegen Krebs genauso aktiv wie die besten organischen Verbindungen. Anders als in der traditionellen Wirkstoffforschung, in der ein Wirkstoff gezielt gegen ein vorher genau bekanntes Zielmolekül in der Zelle synthetisiert wird, ist über die Wirkmechanismen solcher Metallverbindungen fast nichts bekannt. "Einer der Gründe dafür mag die Tatsache sein, dass gerade wegen der besonderen Eigenschaften von Metallkomplexen auch völlig neuartige Wirkmechanismen möglich sind", mutmaßen die Forscher. Umso wichtiger ist es, diese Mechanismen aufzuklären, um neue Wirkstoff mit verbesserten Eigenschaften herstellen zu können.

Hilfe durch die Raman-Mikroskopie

Mit Hilfe der Raman-Mikroskopie sind die Bochumer Forscher diesem Ziel jetzt näher gekommen. Dabei werden in einem Mikroskop die Moleküle durch das stark gebündelte Licht eines Lasers polarisiert. Man kann dadurch den charakteristischen Fingerabdruck eines Moleküls, das sich im Fokus des Lasers befindet, aufzeichnen. Die gemessenen Frequenzen sind genauso wie ein Fingerabdruck charakteristisch für das jeweilige Molekül. In einer Zelle sind aber aufgrund der Vielzahl der Substanzen in der Zelle auch sehr viele Fingerabdrücke überlagert, was oft die Identifizierung erschwert. Die Forscher machten sich daher die Tatsache zunutze, dass die untersuchte Metallverbindung charakteristische Schwingungen in einem von den übrigen Molekülen nicht belegten Frequenzbereich zeigt - vergleichbar einer einzelnen Geigenstimme in einem Posaunenchor. Die Analyse des Fingerabdrucks innerhalb der Zelle erfolgte in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martina Havenith, die neuartige physikalische Untersuchungsmethoden im Bereich der Spektroskopie entwickelt. Ihre Mitarbeiter konnten die Aufnahme der Metallverbindung verfolgen und feststellen, dass sie nach einigen Stunden im Zellkern angereichert wird. Anders als bei den meisten üblicherweise eingesetzten Methoden brauchten die Forscher die Zellen für ihre Untersuchungen nicht zu zerstören und auch keine zusätzlichen Markierungen in Form von Markermolekülen einzusetzen. Die Lokalisierung der Verbindung im Zellkern gibt wiederum den Synthesechemikern wertvolle Hinweise auf den Wirkmechanismus und mögliche Verbesserungen der Verbindung.

Quelle:

Labelfreie Visualisierung von Metallcarbonylkomplexen in lebenden Zellen mittels Raman-Mikrospektroskopie
K. Meister, et. al., Angew. Chem. 2010, DOI: 10.1002/ange.201000097

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Ramanmikroskopie hilft, Aufenthaltsort von Metallcarbonyl-Komplexen zu bestimmen
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2010/apr/metallkomplexe.shtm)

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