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29.10.10 Tic62 regelt Aktivität von Ferredoxin-NADP(H)-Oxidoreduktase abhängig zum pH

Regler für die Photosynthese

Wie sich die Photosynthese wechselnden Lichtverhältnissen anpasst

Die Photosynthese ist der wichtigste Prozess für das Leben auf der Erde. Energie aus der Sonnenstrahlung wird dabei in Zucker und andere Nährstoffe umgewandelt und Kohlendioxid (CO2) verbraucht. Ein Forscherteam um Professor Jürgen Soll (LMU) und Professor Michael Groll (TUM) konnte nun zeigen, wie die Wechselwirkungen bestimmter Proteine den Pflanzen ermöglichen, Photosynthese und CO2-Fixierung abhängig von der Lichtintensität zu koordinieren. Das bessere Verständnis dieser Prozesse könnte bei der künftigen Optimierung der Photosyntheseleistung von Kulturpflanzen helfen.

Abb. 1: Sandwich aus zwei FNR-Proteinen
Quelle: Michael Groll, Technische Universität München

Die Photosynthese der Pflanzen findet in abgegrenzten zellulären Organellen statt, den Chloroplasten. Viele der Reaktionen in den Chloroplasten hängen von dem Koenzym NADPH ab, das als Reduktionsmittel für die CO2-Fixierung dient. NADPH wird in grünen Pflanzen im Rahmen der Photosynthese im Stroma der Chloroplasten gebildet. Durchgeführt wird dieser Prozess von dem Enzym Ferredoxin-NADP(H)-Oxidoreduktase, kurz FNR.

In ihrer Publikation zeigen die Wissenschaftler, wie FNR mit einem weiteren Protein in Wechselwirkung tritt und so die Anpassung von Photosynthese-Aktivität und Biomassesynthese abhängig von der Lichtintensität reguliert. Der Interaktionspartner ist das Protein Tic62, das am Import von Proteinen in die Chloroplasten beteiligt ist und, wie bereits bekannt war, das frei vorliegende Enzym FNR an deren Thylakoidmembran verankern kann. „Wir konnten damit erstmals eine Verbindung zwischen zwei essenziellen Prozessen in den Pflanzenzellen strukturell charakterisieren: den Transport von Proteinen in die Chloroplasten und der Photosynthese“, sagt Privatdozentin Dr. Bettina Bölter, Projektleiterin vom Department Biologie I der LMU München.

„Durch unsere kristallografischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass Tic62 zwei FNR-Enzyme – gewissermaßen Rücken an Rücken – aneinander binden kann“, sagt Ferdinand Alte, Doktorand am Lehrstuhl von Professor Groll. Dabei bleiben jeweils die Vorderseiten für die enzymatische Reaktion frei. Sehr interessant ist dabei die Abhängigkeit der Bindungsstärke von der Lichtintensität. Besonders stark ist die Bindung von FNR an Tic62, wenn der pH-Wert an den Thylakoiden niedrig ist, also ein saures Milieu vorherrscht. Das ist dann der Fall, wenn es dunkel ist. Die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie lässt das Stroma dagegen alkalisch werden, was eine Herabsetzung der Bindungsstärke zur Folge hat.

„Wird bei wenig Sonnenlicht oder Dunkelheit kaum NADPH produziert, können die Pflanzen überschüssige FNR-Moleküle durch Bindung an die Thylakoidmembranen speichern“, sagt Michael Groll. „Damit können sie sich flexibel an verschiedene Lichtbedingungen von hellem Sonnenlicht bis zu Schatten und Dunkelheit anpassen.“ Die Forschungsergebnisse stellen einen weiteren Baustein zum besseren Verständnis der komplexen photosynthetischen Prozesse bei – was wiederum in Zukunft etwa zur zielgerichteten Pflanzenzüchtung beitragen könnte.

Quelle:

Ferredoxin: NADP(H) Oxidoreductase is recruited to thylakoids by binding to a polyproline type II helix in a pH-dependent manner
F. Alte, et. al., PNAS 2010. DOI: 10.1073/pnas.1009124107

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Tic62 regelt Aktivität von Ferredoxin-NADP(H)-Oxidoreduktase abhängig zum pH
(URL: https://www.organische-chemie.ch/chemie/2010/okt/photosynthese.shtm)

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